Präsenzunterricht vs. Online-Kurse: Welche Methode ist die beste?

In den letzten zwei Jahrzehnten sind reihenweise neue Tools, Formate, Technologien und Inhalte für E-Learning (insbesondere Sprachkurse) entstanden.

Seit Anfang der 2000er Jahre gibt es nun schon ein reichhaltiges E-Learning-Angebot: eine große Vielfalt an Lernplattformen und anderen Websites mit pädagogischen Ressourcen und einem zunehmenden Anteil an Multimedia-Ressourcen. Später, in den 2010er Jahren, wurden für das E-Learning erstmals Smartphone-Apps entwickelt, wodurch man heute die Möglichkeit hat, sich jederzeit und überall weiterzubilden, ob unterwegs, im Wartezimmer oder zu Hause. Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Lockdowns führen uns seit Beginn 2020 die unglaubliche Vielfalt des Online-Learning-Angebots erst so richtig vor Augen.

Doch bedeutet das gleich, dass die Methoden  des Frontalunterrichts veraltet sind? Nachfolgend haben wir für Sie einen Überblick über die wichtigsten Lehrmethoden erstellt.

Präsenzunterricht

Von Lehrer*innen durchgeführten Frontalunterricht kennen wir seit unserer frühesten Kindheit. Bei denUnterrichtseinheiten sind wir physisch anwesend (und bestenfalls aufmerksam). Diese Unterrichtsmethode scheint die traditionellste Art zu sein, um sich neues Wissen anzueignen.

Einer der größten Vorteile des Face-to-Face-Unterrichts ist unbestreitbar die physische Anwesenheit der Lernenden sowie (eventuell) das Charisma des Lehrers oder der Lehrerin und die Möglichkeit, mit ihm/ihr zu interagieren. Dabei geht es nicht so sehr darum, was er/sie sagt, sondern vielmehr darum, wie etwas gesagt wird: Anekdoten, Witze, kulturelle Bezüge, … Lehrer*innen haben ihren  eigenen Stil, ihre eigene Ausdrucksweise und ihr eigenes Charisma. Die  Erklärungen und Aufgaben können ständig an das Publikum, dessen Reaktion und den Unterrichtsverlauf angepasst werden. Durch die Einbindung kultureller Anekdoten und durch aufmerksames Zuhören können Lehrende dafür sorgen, dass die Teilnehmer*innen sich die Lehrinhalte besser merken können.

Das Wort „Präsenz“ impliziert „Anwesenheit“, was bedeutet, dass es einen festen Termin an einem bestimmten Tag gibt, den man in seinem Terminkalender notiert. Es gibt also eine Person, die auf uns wartet, auch wenn man sich entscheidet, nicht zu kommen. Schon die Idee, dass ein Kurs an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit stattfindet, ist für die regelmäßige Anwesenheit und sogar die Aufmerksamkeit förderlich, da der oder die Lernende weiß, dass der Kurs nur eine bestimmte Dauer hat und dass sein oder ihr Lernerfolg langfristig mitverfolgt wird. Darüber hinaus verleiht die „physische“ Infrastruktur dem Kurs einen klar definierten Rahmen und soll dadurch für eine bessere Konzentration sorgen.

Und schließlich ist so auch ein Gesprächsaustausch möglich. Wenn es nicht zu viele Teilnehmer*innen gibt, fördert der Präsenzunterricht den Austausch und den Wettbewerb zwischen den Lernenden, die sich außerdem gegenseitig helfen können. Die ständige Interaktion mit der Lehrkraft bietet die Möglichkeit, individuelles Wissen zu erweitern und Neugierde zu wecken.

Gewährleistet der Präsenzunterricht jedoch langfristig bessere Ergebnisse? 

Üblicherweise wird in einem Face-to-Face-Gruppenkurs ein vertikaler Lerntransfer angewendet, was oft mit einer mangelnden Anpassung an die Bedürfnisse und Wissenslücken der einzelnen Lernenden einhergeht. Bei großen Gruppen gibt es zwei Möglichkeiten: Wer ein besseres Niveau als der Rest der Gruppe hat, langweilt sich wahrscheinlich und wer im Gegenteil Schwierigkeiten hat, die Inhalte zu verstehen und aufzunehmen, ist allmählich frustriert und demotiviert..

Es stellt sich auch die Frage der räumlichen und zeitlichen Zugänglichkeit, da der Besuch eines Kurses an einem bestimmten Ort und zu einer festen Zeit einen flexiblen Zeitplan und eine geografische Nähe zum Unterrichtsort voraussetzt. Dies ist für viele Menschen, die weit weg von großen Stadtzentren leben und/oder arbeiten, problematisch. 

Nicht zu vernachlässigen sind schließlich auch finanzielle Aspekte: neben den Kosten für die Schulung (die im Falle einer beruflichen Weiterbildung bis zu 60 € pro Stunde betragen können) muss der oder die Lernende oft auch zusätzlich mit Fahrtkosten und ähnlichen Ausgaben rechnen.

E-Learning

Online-Kurse haben in den letzten zwanzig Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, vor allem seit Internetzugang und Smartphones zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Heute haben Lernende zu jeder Tages- und Nachtzeit, an jedem Wochentag und an jedem Ort, unabhängig vom verwendeten Medium, Zugang zu einer geradezu unendlichen Wissensdatenbank. Sie können außerdem ihr Lerntempo frei wählen, vorausgesetzt, sie verfügen über einen Computer oder ein Smartphone und einen Internetanschluss! Eine E-Learning-Lösung sollte also ausreichen, um sich neue Kenntnisse anzueignen, vorausgesetzt, sie wird regelmäßig verwendet und ist gut konzipiert.

Das Motto? Flexibilität. Von dieser Lehrmethode profitieren sowohl Unternehmen als auch deren Mitarbeiter*innen: Der Zugang zu den Kursen ist per definitionem flexibel und kann direkt am Arbeitsplatz erfolgen – ohne geografische Einschränkungen und ohne Fahrtkosten. E-Learning ist vor allem eine kostengünstige Lösung, die es ermöglicht, die für die Schulung benötigte Zeit optimal zu nutzen.

Über die praktischen Aspekte hinaus wird oft die Vielseitigkeit der Lernressourcen genannt. 2020 scheint es kein Thema mehr zu geben, zu dem es keine Online-Schulung gibt. Jeder und jede Lernende verfügt über einen unbegrenzten Zugang zu den unterschiedlichsten kostenlosen oder kostenpflichtigen Online-Kursen und -Modulen, und dies für jedes erdenkliche Fachgebiet und Niveau. Durch die Beseitigung von Barrieren steht E-Learning für gesenkte Kosten und die Vielfalt der Lehrinhalte für eine Demokratisierung des Zugangs zu Schulungen und Weiterbildung.

Auch wenn die Vorteile des E-Learnings offensichtlich erscheinen, hat es bisher noch keinen signifikanten Einfluss auf die Demokratisierung der Bildung gehabt.

Einer der Hauptnachteile des E-Learnings ist zweifellos die Schwierigkeit, langfristig alleine vor seinem Computer diszipliniert, konzentriert und motiviert zu bleiben. Diese Art der Lernerfahrung kann sich schnell als vereinsamend erweisen und es wird oft als anstrengend und schwierig empfunden, regelmäßig und dauerhaft am Ball zu bleiben.

Für Online-Schulungen sind Selbstdisziplin und Seriosität erforderlich. Ob Erwachsene, Kinder, Männer oder Frauen, wir alle sind mit den gleichen Problemen konfrontiert: Unsere Konzentration ist begrenzt und wir lassen uns leicht ablenken (Fernsehen, Handy, Kinder, Haustiere, …). Außerdem haben wir einen vollen Zeitplan. Das Ergebnis? Auf E-Learning-Plattformen ist häufig zu beobachten, dass nur wenige Nutzer*innen, nämlich 4 bis 10 %, auch tatsächlich die Schulung abschließen.

Es steht uns also eine ganze Fülle digitaler Lernressourcen zur Verfügung. Das ist so, als hätten wir alle eine riesengroße kostenlose Bibliothek in unserer Nachbarschaft, die 24/7geöffnet ist. Doch eine Bibliothek nebenan zu haben, bedeutet leider nicht automatisch, dass wir auch tatsächlich etwas lernen. Man muss immer noch regelmäßig dorthin gehen, die richtigen Bücher finden, sie – wahrscheinlich mehrfach – lesen, auswendig lernen, usw. Sprich, die Tatsache, dass Lernressourcen zur Verfügung stehen, bedeutet nicht unbedingt, dass wir langfristig Wissen oder Kenntnisse erwerben. Dazu müssen wir organisiert sein, Zeit einplanen und vor allem dauerhaft motiviert und fleißig bleiben.

Blended Learning – ein vielversprechender Mittelweg

Blended Learning (auf Deutsch auch integriertes Lernen genannt) ist eine Lernmethode, die selbstgesteuertes Lernen (oft online) und die Interaktion mit einem Coach oder Lehrer*in (in Form von Präsenzunterricht oder online) kombiniert. Diese Methode ist zwar keine Patentlösung (weil sie Zeit und ein gewisses Budget erfordert), sie könnte aber eine Antwort auf die Probleme sein, die es in der Regel bei Online-Kursen bezüglich der regelmäßigen Teilnahme und der Motivation der Lernenden gibt.

Eines der verschiedenen Modelle des Blended Learnings ist das sogenannte Coaching oder Tutoring. Es besteht aus Unterrichtseinheiten, bei denen der Tutor oder die Tutorin den Fortschritt der Teilnehmenden auf individuelle und personalisierte Weise über den gesamten Schulungsprozess hinweg sieht. In diesem Zusammenhang hat sich das Konzept des umgedrehten Unterrichts (flipped classroom) entwickelt, das vom Lernenden verlangt, Kenntnisse und Wissen über einen Selbstlernprozess (self-learning) im Vorfeld zu lernen, bevor er sich an einen Schulungsort begibt, wo er zuhören, sich austauschen und mit einem/einer Lehrenden/Tutor*in und/oder anderen Lernenden interagieren kann. Auf diese Weise kann man bei den Präsenzveranstaltungen den maximalen Nutzen aus der (kostbaren) Anwesenheit der Lehrenden/Tutor*innen ziehen und hat so Zeit für Austausch, Vertiefung des Gelernten und Dialog. Flexibilität, Einsparungen, personalisiertes Programm, bessere Verfolgbarkeit des Lernfortschritts… Entdecken Sie in unserem Artikel zum Blended Learning die vielen Vorteile dieser Methode!

Online- und Offline-Kurse sind keine konkurrierenden Lehrmethoden, sondern ergänzen sich ganz wunderbar. Der Präsenzunterricht ist trotz der COVID-19-Krise, durch die die Homeoffice-Arbeit immer mehr gefördert wird, bei weitem nicht veraltet oder überholt. Ganz im Gegenteil!

Die Gymglish-Methode

Gymglish bietet ein Self-Learning-Konzept an, das so konzipiert ist, dass es die Motivation der Lernenden und damit auch die regelmäßige Teilnahme fördert. Wir entwickeln kurze und humorvolle Formate und Inhalte, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz ständig an den Lernenden angepasst und personalisiert werden (insbesondere durch Adaptive Learning). Wir selbst bieten keine Kurse mit einer Lehrkraft oder einem Schulungsleiter an (weder Face-to-Face noch online), aber wir schließen diese „pädagogische Lücke“ mit Hilfe der Leistungen unserer zahlreichen Partner, d. h. Sprachlehrer*innen oder Sprachschulen (zu denen zum Beispiel das Netzwerk der Alliance Française und des Institut Français gehört).

Dank der Option Gymglish & Teacher können unsere Partnerschulen Blended Learning anbieten und ihren Präsenzunterricht, der Face-to-Face, per Telefon oder Videokonferenz, einzeln oder in Gruppen stattfindet, mit unseren Online-Kursen kombinieren. Der konkrete Vorteil: Ihre Schüler*innen lernen auch zwischen den Unterrichtsstunden ständig weiter. Die Lehrkräfte und Kursleiter stützen sich auch auf unseren kontinuierlichen Evaluierungsprozess (Stärken, Schwächen, Erwartungen, Leistungen, Wiederholungsbedarf, usw.). Die pädagogischen Informationen, die durch diese Evaluierung bereitgestellt und ständig aktualisiert werden, werden den Lehrkräften in regelmäßigen Abständen zugeschickt. Sie erhalten pädagogische Instruktionen, die immer auf dem aktuellsten Stand sind, um die wertvollen Unterrichtsstunden so effizient wie möglich zu gestalten und die Inhalte auf die Teilnehmenden abzustimmen.

Kurz gesagt – wir kombinieren das Beste aus beiden Welten: Wir nutzen die bewährten Möglichkeiten des E-Learnings im Hinblick auf die Zugänglichkeit und Personalisierung des Unterrichts und überlassen gleichzeitig den Lehrenden die zentrale Rolle, die ihnen bei der persönlichen und zwischenmenschlichen Begleitung der Lernenden zukommt.



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