Seit Beginn des Lockdowns werden Unternehmen auf der ganzen Welt auf eine harte Probe gestellt und müssen sich in Rekordzeit an die sanitäre Krise anpassen. Die allgemeine Einführung des „Home-Office“ ist zu einem großen Thema geworden, das jedes Team auf unterschiedliche Weise betrifft.
Wir haben uns mit Antoine Brenner, Mitbegründer von Gymglish, unterhalten, der seine Ansichten zur praktischen Umsetzung des Home-Office und dessen Auswirkung auf die Produktivität des Unternehmens mit uns teilt.
Hallo, Antoine! Das Konzept des Home-Office scheint es bei Gymglish nicht erst seit gestern zu geben oder täusche ich mich?
Nein, du täuschst dich nicht! Fast 15 Jahre lang ist Gymglish ein kleines Team von rund zwanzig Personen geblieben, die sich untereinander sehr gut kennen und von denen die meisten schon seit Jahren und immer noch zusammenarbeiten. Diese Nähe bringt auch viel Transparenz zwischen unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit sich und damit auch ein gewisses Vertrauen, das sich im Laufe der Zeit eingestellt hat. Dieses Vertrauen hat uns ermöglicht, auch von zu Hause aus, im Ausland oder auf Reisen miteinander zu arbeiten.
Außerdem haben wir schon in einer frühen Phase der Entwicklung unseres Unternehmens zwei Filialen im Ausland eröffnet, in Israel und Brasilien. So mussten wir „gezwungenermaßen“ auf Distanz funktionieren.
Und schließlich ist es unser Gewerbe, Sprachkurse über das Internet anzubieten. Diese 100-prozentige Online-Aktivität trägt natürlich ihren Teil zu dieser Flexibilität bei. Nicht alle Unternehmen und Branchen haben diesen Vorteil.
Der Lockdown ist also für Gymglish keine technische Krise?
Technisch gesehen hat sich für uns nicht wirklich etwas geändert. Die letzten Mitarbeiter*innen, die noch nicht über eine VPN*-Konfiguration auf ihrem Computer verfügten, wurden in wenigen Tagen damit ausgestattet, aber das ist am 12. und 13. März alles sehr unkompliziert abgelaufen (danke, Julien, Anm. d. Red.).
Was bei uns neu ist, das ist die Arbeit im Home-Office in diesem Ausmaß. Wie viele Unternehmen haben wir innerhalb von einem Wochenende auf 100 % Telearbeit umgestellt!
*VPN oder Virtual Private Network ist ein System, das eine direkte Verbindung zwischen zwei voneinander entfernten Computern ermöglicht, die den Austausch zwischen diesen Computern von dem restlichen, über das öffentliche Telekommunikationsnetz stattfindenden Datenverkehr isoliert.
Mit Filialen in Frankreich und im Ausland ist Gymglish bereits daran gewöhnt, die Arbeit auf Distanz zu managen?
Absolut! Und tatsächlich haben wir die Filialen in Brasilien, Tel Aviv und zuletzt Bordeaux eröffnet, weil die Telearbeit gut funktioniert hat. Die größte Herausforderung ist letztlich, in jeder Einheit unseren Teamgeist aufrechtzuerhalten. Unter diesen besonderen Umständen müssen die Manager*innen heute noch stärker für ihre Teams da sein und regelmäßig mit ihnen kommunizieren.
Interessant ist, dass unsere Branche, das E-Learning, während des Lockdowns bei den Lernenden noch stärkeres Interesse findet. Alle Teams bei Gymglish sind in der Lage, für ihre Partner und Kunden und Kundinnen zu arbeiten, auch aus der Ferne.
Wenn wir allerdings eines Tages von einer globalen Krise betroffen wären, die mit einem Internet-Virus zu tun hätte, dann wären wir tatsächlich arbeitslos!
Was waren die ersten Geräte und Hilfsmittel, die im Rahmen der Telearbeit eingesetzt wurden?
Die Anschaffung der ersten Geräte für die Telearbeit wurde schon zum Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens im Jahr 2004 vorgeschlagen. Damals haben wir beschlossen, zunächst unsere eigenen E-Mail-Server und schon kurz darauf unseren eigenen openVPN-Server zu installieren. Letzterer ermöglicht uns den Zugriff auf all unsere Tools und Ressourcen wie unser Back-Office oder unser Intranet. Ziel war nicht unbedingt die Arbeit im Home-Office, sondern eher die Möglichkeit zu haben, von Zeit zu Zeit einige Aufgaben von jedem beliebigen Standort und jedem beliebigen Computer aus erledigen zu können.
Am Anfang haben wir die auf unseren Servern vor Ort installierten E-Mail-Dienste verwendet (SquirrelMail und Cyrus IMAP), die uns bereits den Fernzugriff erlaubt haben, aber die Suche nach E-Mails war sehr langsam, da unser Server nicht leistungsfähig genug war. Das hat unsere Effizienz stark gebremst.
2009 sind wir auf Google Apps for Business umgestiegen (Gmail für Unternehmen), was für die Bedürfnisse unserer Struktur noch heute perfekt geeignet ist. Und schließlich hat auch der verstärkte Einsatz von Smartphones den reibungslosen Ablauf unserer Tätigkeit beträchtlich erleichtert, beispielsweise bei der Arbeit aus dem Home-Office oder längeren Auslandsaufenthalten. Mit der Zeit wurden all unsere LibreOffice-Dateien (eine Alternative zu Microsoft Office) in Google Apps umgewandelt. Unser VPN-System für die Internetverbindung haben wir beibehalten.
Diese Fülle an Technologien zur Unterstützung der Telearbeit hat allerdings auch ihren Preis: eine starke Abhängigkeit von dem Internetriesen Google und Schwachstellen in Bezug auf die Vertraulichkeit unserer Daten. Aber das ist ein anderes Thema.
Welche technischen Hilfsmittel unterstützen uns bei unserer täglichen Arbeit?
Alles rund um Google Workspace (Google Apps: Google Drive, Google Doc etc.) ist eine wertvolle Hilfe für uns. Wir besitzen außerdem einen LDAP-Server, dazu kommt das VPN, und seit 2017 nutzen wir eine Software für Online-Projektmanagement: Basecamp. Dieses Programm ermöglicht uns, uns im Alltag besser zu organisieren, zu kommunizieren, Daten zu teilen etc. Es ist eine ausgezeichnete Ergänzung zu den Tools von Google.
Wir verwenden auch andere SaaS-Services (unser CRM und das Tool Frontapp für unseren Kundendienst), die den Teams die Möglichkeit geben, von jedem Ort der Welt aus zu arbeiten.
Würdest du dir wünschen, dass Gymglish eines Tages zu 100 % auf Home-Office umsteigt?
Technisch ist das möglich! Aber ehrlich gesagt, ist das nicht unser Ziel. Ein Unternehmen ist in erster Linie ein menschliches Abenteuer. Eine Gruppe Menschen, die zusammenarbeiten und sich gegenseitig helfen, die sich aber auch sehen und untereinander austauschen, Witze machen und auch gelegentlich nach der Arbeit zusammen etwas trinken gehen. Ein Unternehmen ist all das, nicht nur eine Art und Weise, produktiv zu sein. Wenn wir zu 100 % auf Telearbeit umstiegen, würde uns der Teamgeist, der aus den zwischenmenschlichen Beziehungen, Konferenzen, Kaffeepausen und Karaoke-Abenden entsteht, viel zu sehr fehlen. Benjamin und ich (die beiden Mitbegründer, Anm. d. Red.), die Manager*innen und all unsere Mitarbeiter*innen sind gerne zusammen und möchten ein menschliches und angenehmes Arbeitsumfeld schaffen. Also Telearbeit, ja, aber nicht alle gleichzeitig und nicht das ganze Jahr über!
Hoffen wir, dass der Lockdown nicht das ganze Jahr über andauert.
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