Seit der Corona-Krise erfreut sich das digitale Lernen bislang ungekannter Beliebtheit.
Kooperationen zwischen herkömmlichen Bildungseinrichtungen und digitalen Lernanbietern werden immer zahlreicher und prägen die Konturen eines neuen pädagogischen Modells, das sich zunehmend bewährt. Ein Beitrag von Benjamin Levy.
Die Covid-19-Krise stellt den Unterricht im Klassenzimmer auf eine harte Probe. Seit sie gezwungen wurden, ihre Türen zu schließen, wenden sich Bildungseinrichtungen und Ausbildungszentren dem E-Learning zu, um pädagogische Kontinuität zu gewährleisten. Die Unternehmen folgen ihrem Beispiel, viele bieten ihren Mitarbeitern (die sich in Homeoffice oder Kurzarbeit befinden) Fernlehrgänge an. Auch der Staat hat die Fördermöglichkeiten für digitale Lernformen erweitert. Schließlich haben seit Mitte März viele Personen den Wunsch geäußert, die Zeit zu Hause zu nutzen, um sich weiterzubilden. Das Resultat: Die Einschreibungen für E-Learning-Kurse sind in die Höhe geschnellt.
Der wachsende Erfolg von Online-Kursen lässt sich jedoch nicht nur durch die Umstände der Pandemie erklären. Im Gegenteil: E-Learning ist weit davon entfernt, nur eine Notlösung zu sein. Wie die Corona-Krise zeigt, stellt das digitale Lernen eine wertvolle Ergänzung zum klassischen Präsenzunterricht dar.
Der Einsatz von E-Learning muss nachhaltig sein
Der Lockdown hat zu einer Anerkennung von digitalen Alternativen in vielen Bereichen des täglichen Lebens geführt. Das gilt für Schulungen ebenso wie für Meetings und Vertragsverhandlungen, um nur einige wenige zu nennen. Die neuen Praktiken werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach langfristig weiter etablieren. Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, wie es derzeit der Fall ist, sondern auch aus ökologischen Gründen oder einfach, weil man sich plötzlich der Machbarkeit bewusst geworden ist. Besonders deutlich ist dies im Bildungsbereich zu sehen. Die aktuellen Umstände bringen die Möglichkeiten ans Licht, die das Lehren und Lernen auf Distanz birgt. Dass so etwas existiert, wussten viele natürlich schon vorher. Der Lockdown hat jedoch den Umfang und die Vielfalt der digitalen Bildungsangebote offenbart: Selbstlern-Methoden, Online-Lehrer*innen, virtuelle Klassenzimmer, MOOCs, Virtual Reality und mehr, als Kompaktkurse oder länger angelegte Schulungen.
Gleichzeitig schwindet zunehmend der Gegensatz zwischen „online“ und „offline“. Zu Beginn der 2000er Jahre stieß das E-Learning bei traditionellen Bildungsanbietern auf Misstrauen. Sie warnten vor einer Entmenschlichung des Lernens, vor dem Gespenst der Maschine, die den*die Lehrer*in ersetzt. Die konservativen Kräfte innerhalb des Bildungswesens weigerten sich, den komplementären pädagogischen Beitrag zu sehen, den E-Learning bei der Weitergabe von Wissen leisten kann.
E-Learning wird niemals den Lehrer oder den Präsenzunterricht komplett ersetzen. E-Learning kann jedoch unterstützen, zum Beispiel beim Wissenserwerb oder der Leistungsprüfung. Gleichzeitig schafft es freie Kapazitäten in Hinblick auf die wertvollen Präsenzstunden mit dem*der Lehrer*in, die nun vermehrt für den Austausch, die Vertiefung von Lerninhalten oder die persönliche Betreuung genutzt werden können. Dies zeigt nicht nur die Möglichkeiten des Online-Unterrichts an sich, sondern auch die vielen Schnittstellen mit dem Präsenzunterricht und die sich daraus ergebenden Synergieeffekte.
Die Herausforderungen des E-Learnings bleiben dennoch bestehen
Die aktuelle Begeisterung für das E-Learning sollte uns jedoch nicht die Herausforderungen in Hinblick auf seine Wirksamkeit vergessen lassen. Eine der größten ist, die Schüler*innen zu einer dauerhaften Teilnahme zu motivieren. Volle Terminkalender und die Flut von Informationen, die permanent unsere Aufmerksamkeit fordert und gleichzeitig unsere Konzentrationsfähigkeit stört (dies gilt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene!), schaffen es allzu oft, uns zu entmutigen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn es darum geht, langfristige Anstrengungen zu unternehmen. Deshalb reicht es nicht aus, Bildungsinhalte online zu stellen. Nur weil wir zu Hause mit dem Internet eine unendlich umfangreiche und kostenlose Bibliothek haben, die rund um die Uhr geöffnet ist, heißt das noch lange nicht, dass wir auch etwas lernen werden. Die Entwicklung des E-Learnings in den letzten zwanzig Jahren hat sich aber vor allem darauf konzentriert, immer mehr und technologisch immer anspruchsvollere Ressourcen bereitzustellen.
Von nun an muss jedoch vermehrt der*die Lernende selbst betrachtet werden. Dabei gilt es, auch seine*ihre zeitlichen Zwänge zu sehen, sowie auch psychologische Gegebenheiten: zum Beispiel die allzu menschliche Unfähigkeit, im Angesicht eines Bildschirms motiviert zu bleiben und schließlich das simple Phänomen des Vergessens. Deshalb müssen wir innovative Technologien und Inhalte entwickeln, die Motivation, Teilnahme und das Einprägen fördern.
Die gegenwärtige Krise verändert uns tiefgehend, auch in unserem Zeitverständnis. Sie fordert die traditionellen Bildungsanbieter*innen von Präsenzkursen auf, sich anzupassen und neu zu erfinden. Sie bringt vielen Menschen die Idee des digitalen Lernens näher. Indem sie uns langfristig sensibilisiert, verhilft sie dem E-Learning zu neuer Berühmtheit und enthüllt gleichzeitig den Schlüssel für jeden Lernerfolg: sich Zeit zu nehmen, zu lernen.
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